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Immer wieder denke ich darüber nach, wie es zu dieser Situation gekommen ist, wer davon profitiert und warum man angeblich nichts daran ändern kann. Es WILL mir nicht in den Kopf.

Nur eines ist mir klar:
Alles was geschieht, passiert, weil es genau so gewollt ist. Auch von uns, wenn wir nicht alles dafür tun, es zu ändern.

Noch ein Versuch, Licht in die Geschichte der Abwasserbehandlung in M-V zu bringen.




Drucksache 2/1353
2. Wahlperiode 14.03.96

ANTWORT
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frau Holznagel, Fraktion der CDU
- Drucksache 2/1268 -
Liquidation der Wasser-/Abwasserbetriebe


In allen Lebens- und Arbeitsbereichen waren in der DDR viele Menschen beschäftigt - so auch in der Wasserwirtschaft.
Das Ziel war, ein gutes Leben für alle zu gewährleisten. Zum allgemeinen Fortschritt gehörte die zentrale Wasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung.
Die Bevölkerung wuchs, Trinkwasser war subventioniert. Dezentrale Ver- und Entsorgungsstrukturen waren nicht mehr denkbar - allein, es fehlte das Geld zur Umsetzung so mancher Vision.

Das änderte sich nach der Wende schlagartig.

Die Struktur der VEB Wasser und Abwasserbetriebe wurde von oben nach unten verteilt.
Die Mitarbeiter der WAB's wurden erst an die GmbHs und dann auf die Planungsbüros, Zweckverbände und die staatlichen Fachbehörden verteilt. Ihr Fachwissen nahmen sie natürlich mit und verfolgten ebenso natürlich die Umsetzung der bestehenden Pläne.
Mit Verwaltungsbeamten aus den alten Bundesländern kamen weitere Planungsbüros, die das Prinzip gern aufgriffen.

So entstand bei den Bürgermeistern der kleinen Dörfer oftmals der Eindruck, es werde "das Abwasserbeseitigungskonzept des Kreises" durchgesetzt. Gemeinden, die aus diesen Zwangsverbänden austreten wollten, als sie erkannten, was auf sie zukam, wurden durch die sog. Heilungsgesetze daran gehindert. Bis heute ist es fast unmöglich geworden, aus einem Zweckverband auszutreten.
Größere Städte gründeten eigene Stadtwerke, in den Zweckverbänden verblieben nur die kleinen Städte mit den umliegenden kleinen Gemeinden und dem dünnbesiedelten Raum. Natürlich wollten sie die Wasserversorgung ihrer Bürger weiterhin gewährleisten. Fördermittel für Abwasserbeseitigung wurden nur an Zweckverbände vergeben, die Bundesländer förderten durchweg zentrale Anlagen.
Manche Gemeinde, die dem Zweckverband entrinnen konnte, hat das später bereut, weil ihr durch die Wasserbehörden unsinnige Auflagen gemacht wurden, die die eigenen Anlagen stark verteuerten.

Hier dazu einige Auszüge aus frei zugänglichen Quellen:


Entwicklung von 1964 bis heute (Auszug von der Internet-Seite der Stadtwerke Güstrow)


Mit Gründung des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (WAB) Schwerin im Jahre 1964 übernahm dieser die städtischen Abwasseranlagen und war für die Abwasserbeseitigung und -behandlung zuständig. Diese Aufgabe wurde ab 1990 vorübergehend der aus dem VEB WAB hervorgegangenen Westmecklenburger Wasser GmbH (WMW GmbH) übergeben.

Nachdem durch Beschluss der Stadtverordneten vom 14. Dezember 1992 der Städtische Abwasserbetrieb als Eigenbetrieb der Stadt (wieder) gegründet worden war, beauftragte man die Stadtwerke Güstrow, für diesen mit Wirkung zum 1. Januar 1993 die technische und kaufmännische Betriebsführung zu übernehmen.

Heute ist der Städtische Abwasserbetrieb Güstrow (Betriebsführung Stadtwerke Güstrow) für die ordnungsgemäße Entsorgung sowohl des Abwassers als auch des Oberflächenwassers zuständig. In der kaufmännischen und technischen Betriebsabwicklung des Abwasserbetriebes arbeiten 18 Mitarbeiter der Stadtwerke.
Ihre wesentlichen Aufgaben umfassen Unterhaltung und Betrieb, Instandhaltung und Reparatur, Investitionen, Anschlusswesen und Technische Verwaltung.
Am Standort Industriegelände (Betriebshof) sind 14 Mitarbeiter der Stadtwerke Güstrow für die technische Betriebsführung des Städtischen Abwasserbetriebes zuständig.


Aus der Chronik des Westprignitzer Trinkwasser- und Abwasserzweckverbandes (WTAZV) (Quelle)

bis 1990 Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durch die VEB Wasser- und Abwasserbehandlung (WAB) Schwerin

01.07.1990 Gründung der Westmecklenburger Wasser GmbH (WMW GmbH), übernahme der Aufgaben der VEB WAB

07.01.1993 Gründung des WTAZV

30.06.1993 Entflechtung der WMW GmbH und übernahme der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung durch den WTAZV im Verbandsgebiet

01.01.1993 bis 31.03.1999 Betriebsführung durch PVU GmbH (Prignitzer Versorgungsunternehmen GmbH)

01.09.1993 übernahme der Abwasserentsorgung für die Stadt Perleberg durch den WTAZV

01.04.1999 Eigenständigkeit des WTAZV für die Wasserver- und Abwasserentsorgung im Verbandsgebiet mit Sitz auf dem Bahnhofsplatz 8 in 19348 Perleberg

01.04.2005 Umzug der Verwaltung, der Verbandsführung und der gewerblichen Mitarbeiter aus dem Bereich Trinkwasser in die Quitzower Straße 48 in 19348 Perleberg


Geschichte der Schweriner Stadtentwässerung (Quelle)

Akuter Handlungsbedarf nach der Wende
Schwerin Süd - Bereits Mitte der 80-er Jahre war klar, dass die (mechanische) Kläranlage in Süd aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen erweitert werden musste.
Problem: Es fehlte an Material und an genügend Baukapazitäten. Das sollte sich nach der Wende ändern. Die Aufgaben des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung übernahm ab dem 1. April 1990 die Westmecklenburger Wasser GmbH Schwerin (WMW). Und die ermittelte akuten Handlungsbedarf: Zu viele Abwassereinleitungen mit keiner oder nur geringer Aufbereitung in die Schweriner Seen, schlechter Zustand des Kanalnetzes und eine lediglich mechanische Abwasserreinigung auf den Kläranlagen. Der Ausbau der Anlage in Süd, auf der schon vor der Wende mehr als zwei Drittel der Schweriner Abwässer gereinigt wurden, hatte daher oberste Priorität.
Erster Schritt zur Entlastung der Gewässer: Schnellstmögliche Planung der biologischen Aufbereitungsstufe der Kläranlage. Ab Oktober 1991 wurde dann gebaut: Die neue biologische Reinigungsstufe sollte gleichzeitig dazu beitragen, den Stickstoff und Phosphatanteil im Abwasser herauszufiltern. Die Inbetriebnahme erfolgte 1993, gleichzeitig war es das Geburtsjahr der Schweriner Abwasserentsorgung (SAE). Seit Anfang Januar 1994 wird nun das gesamte in Schwerin anfallende Abwasser auf der Kläranlage Schwerin Süd biologisch behandelt.
Zusätzlich wurde die Möglichkeit für den Anschluss von Gemeinden des Schweriner Umlandes geschaffen.


Hier setzt nun meine Kritik an:
Die EU-Richtlinien, die man im Land meinte, nach der Wende umsetzen zu müssen, haben zu keiner Zeit vorgeschrieben, dass die Abwässer von Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnerwerten mittels Kanalisation abgeleitet werden müssten - auch die verschärften Fristen für die "Empfindlichen Gebiete" bezogen sich auf 2.000-10.000 EW.

Das ist auch unserer Fachbehörde klar, bezeichnet sie doch die EU-Richtlinien und das Wasserhaushaltsgesetz als "nicht mehr einschlägig, da Gemeinden mit mehr als 2.000 EW bereits mit Kanalisation ausgerüstet seien".
Unser Wassergesetz beginnt jedoch nicht mit §40, wie hier der Anschein erweckt werden soll. Vor §40 kommt §39 und darin steht dies.
Jeder weitere Bau von Kanalisation in kleinen Dörfern dient also dazu, den Anschlussgrad an sonst überdimensionierte Kläranlagen zu erhöhen.
Es mag auch noch legitim sein, über derartige Infrastrukturmaßnahmen die regionale Bauwirtschaft zu fördern.

Nicht für legitim halte ich es jedoch, dafür die Grundstückseigentümer in den ländlichen Regionen heranzuziehen. Unser Kommunalabgabengesetz, das die Umlegung dieser Kosten regelt, wird ständig zu Ungunsten der Bürger geändert.

Und die sind es dann auch, die im Falle einer Wahl das Kreuzchen an der falschen Stelle setzen.....

In diesem Zusammenhang ganz besonders makaber ist die Tatsache, dass der Grundgedanke der Zweckverbandsgesetze - die absolute Staatsmacht über die kommunale Selbstverwaltung - aus der Zeit um 1938/39 stammt.
Wie in Mecklenburg-Vorpommern damit umgegangen wurde, geht aus dieser Parlamentsdrucksache hervor.

Durch dieses rigorose Vorgehen der Neuen Bundesländer wurde das neu zu weckende Gefühl für Demokratie schon im Keim erstickt. Man hat die kommunale Selbstverwaltung, von der so gern gesprochen wird, machtvoll untergraben.

Als aktuelles Beispiel soll hier die Insel Rügen dienen. Dort wollte man Bürger und lokale Wirtschaft vor Anschlussbeiträgen für Trinkwasser bewahren und hat sich eine Verfügung des Innenministeriums eingehandelt.

DAS ist kommunale Selbstverwaltung, wie sie Mecklenburg-Vorpommern gut tut.

Was für ein Glück, dass die Kosten für flächendeckende Breitbandversorgung nicht nach Grundstücksgröße umgelegt werden können, sonst hätten wir das bestimmt schon - natürlich mit Anschlusszwang.

Obwohl.... DAS wäre wirklich nachhaltige Daseinsvorsorge!


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