aus dem Ludwigsluster Tageblatt,
dem Lokalteil der Schweriner Volkszeitung

Freitag, 17. Dezember 2004

Kein Zentralismus beim Abwasser

Minister: Förderung von dezentralen Lösungen / 68 000 Altanlagen noch in Betrieb

 

Dazu fragen an Wolfgang Methling, Umweltminister MV (PDS)

Frage: Bürgerinitiativen klagen, dass Zweckverbände ihnen zentrale Klärwerksanschlüsse mit kilometerlangen sündhaft teuren Kanalnetzen bescheren – trotz günstigerer Alternativen. Wer rechnet falsch?
Methling: Ich kann ja verstehen, dass Initiativen oder einzelne Bürger beklagen, dass sie eine Variante bekommen, die sie nicht für richtig halten. Aber wir haben wirklich keinen Grund, etwas so hinzurechnen, dass die teurere Lösung auf einmal die billigere ist. Einmal sind die Zweckverbände nicht gewinnorientiert, sondern müssen kostendeckend arbeiten. Und welches Interesse sollte ein Verband daran haben, die Gebühren exorbitant steigen zu lassen, nur um den letzten Bürger anzuschließen.
Frage: Welche Faktoren geben denn den Ausschlag?
Methling: Natürlich sind die Kosten ein entscheidender Punkt. Unsere Staatlichen Umweltämter vergleichen deshalb für die Fördermittelvergabe jeweils drei/vier verschiedene Lösungsansätze, um den günstigsten zu finden. Und dies bei langfristiger Betrachtung und unter Einschluß aller Kosten. Bürgerinitiativen neigen dazu, nicht alles einzubeziehen. Aber auch bei Kleinkläranlagen fallen Eigenanteile sowie Kosten für Wartung und Pflege an.
Frage: Was kostet eine Kleinkläranlage?
Methling: Im Minimum zwischen 5000 und 7000 Euro. Bei Anschlußbeiträgen für zentrale Lösungen gehen wir nach Erfahrungswerten pro Einwohner von 750 bis 1000 Euro aus. Als maximale Größenordnung sollten 5000 Euro gelten.
Frage: Gibt es noch Bedarf für größere Zentralanlagen?
Methling: Schwerpunkt sind eindeutig dezentrale Lösungen – oder auch semizentrale für einzelne Orte, Ortsteile oder mehrere Nachbarn, die so auf den Anschluß an große Anlagen und lange Überleitungen verzichten können. Das halte ich für sehr vernünftig, auch weil es darum geht, einen gewissen Solidareffekt in den Kommunen herzustellen, denn nicht jedes Grundstück eignet sich für Einzellösungen.
Frage: Wann ist das der Fall?
Methling: Auch für Kleinkläranlagen gilt: Das gereinigte Abwasser muss auf dem Grundstück in ein Gewässer eingeleitet werden oder versickern können. Wenn das nicht möglich ist, ohne den Nachbarn zu überfluten oder das Wasser auf den nächsten Acker laufen zu lassen, dann muß ich etwas anderes suchen. Und das kann auch eine teure zentrale Anlage sein.

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Leserbrief dazu, abgeschickt am 17.12.04, nicht abgedruckt

Sehr geehrter Herr Minister Methling,

 Ich habe ein paar Fragen bzw. Anmerkungen zu Ihren am 17. Dezember 2004 in der SVZ abgedruckten Ausführungen und würde mich freuen, wenn Sie diese auch wieder an dieser Stelle beantworten könnten.

Bürgerinitiativen sind Bürger, die im Namen und im Interesse ihrer Mitbürger handeln, die sich einsetzen für andere, die die Lage eher für hoffnungslos halten.

 
Zitat: „Einmal sind die Zweckverbände nicht gewinnorientiert, sondern müssen kostendeckend arbeiten.“

Die Kosten werden immer gedeckt. Die Bürger werden per Satzung und Amtshilfe durch den Landkreis zum Zahlen verpflichtet und die Gemeinden zahlen Umlagen.

„Und welches Interesse sollte ein Verband daran haben, die Gebühren exorbitant steigen zu lassen, nur um den letzten Bürger anzuschließen.“

Das frage ich mich schon lange. Vielleicht finden wir hier eine Antwort darauf.

 

Zitat: „Bürgerinitiativen neigen dazu, nicht alles einzubeziehen. Aber auch bei Kleinkläranlagen fallen Eigenanteile sowie Kosten für Wartung und Pflege an.“

Auch Zweckverbände geben nicht alle Kosten an, die bei einem zentralen Anschluß anfallen. So sind die Kosten für die Anschlußleitungen vom Übergabeschacht zum Haus und auch die vorgeschriebene Rückstaueinrichtung nicht enthalten. Von den Grundgebühren (für Göhlen z.B. 150 Euro/Jahr) wird auch nicht gern gesprochen.

 

Zitat: „Bei Anschlußbeiträgen für zentrale Lösungen gehen wir nach Erfahrungswerten pro Einwohner von 750 bis 1000 Euro aus. Als maximale Größenordnung sollten 5000 Euro gelten.“

5000 Euro je Einwohner? Auch das reicht manchmal nicht. Wieso muß nicht für jeden Hausanschluß derselbe Betrag gezahlt werden? Hier auf dem flachen Land ist man nicht unbedingt reich, wenn man ein großes Grundstück hat.

 
Zitat: „Auch für Kleinkläranlagen gilt: Das gereinigte Abwasser muss auf dem Grundstück in ein Gewässer eingeleitet werden oder versickern können. Wenn das nicht möglich ist, ohne den Nachbarn zu überfluten oder das Wasser auf den nächsten Acker laufen zu lassen, dann muß ich etwas anderes suchen.“

Bei sehr starkem Regen steht in einigen wenigen Häusern Wasser im Keller. Wo das vor Jahren noch der Fall war, gibt es inzwischen sogenannte „Bürgermeister-Kanäle“, die die Wassermengen ableiten. Entwässerungsgräben reichen bis in die Orte hinein. Es gäbe keinen Grund, hier nicht auch das Abwasser einzuleiten, wenn es den Vorschriften entsprechend gereinigt ist. Viele Anlagen gehen heute schon weit über diese Vorschriften hinaus. Warum also Kanalisation?

Allein für die Fördermittel könnten sich die Bürger eine eigene Kleinkläranlage aufstellen lassen.

Es wird Gründe geben. Wir wollen sie wissen.

M. Rosemeyer