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LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 2/3557

2. Wahlperiode 18.02.98

TÄTIGKEITSBERICHT 1997

des Petitionsausschusses (1. Ausschuß)

gemäß § 31 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern

Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 1997


- Auszug, gefunden und kopiert von Maria Rosemeyer - Fundstelle siehe link (oben)


2.2.7 Abwasser- und Anschlußgebühren
Zum Problembereich Wasser-, Abwasser- und Anschlußgebühren erreichte den Petitionsausschuß in den letzten Jahren eine Reihe von Eingaben. Im Berichtszeitraum wandte sich u.a.eine Bürgerinitiative an den Petitionsausschuß mit der Forderung nach Festlegung von Obergrenzen für Abwassergebühren und die Festlegung von zumutbaren Anschlußgebühren für den Anschluß an zentrale Abwasseranlagen. Darüber hinaus stellt die Bürgerinitiative die Forderung, daß die für die Planung, Förderung und Errichtung von überteuerten Abwasseranlagen Verantwortlichen für die zu hohen Kosten haftbar gemacht werden sollten und diese Kosten nicht auf die Bürgerinnen und Bürger umgelegt werden dürften. Die Petenten wohnen in einer Gemeinde, die an ein zentrales Klärwerk angeschlossen werden soll.

Zu dieser Petition teilte das Innenministerium mit, daß die betroffene Gemeinde Mitglied eines Wasser- und Abwasserzweckverbandes sei. Sie besitze bislang keine eigene Kläranlage und sei auch nicht an eine andere Kläranlage angeschlossen. Das Abwasser der einzelnen Grundstücke werde in Kleinkläranlagen und abflußlosen Gruben entsorgt. Der Wirtschaftsplan des abwasserbeseitigungspflichten Wasser- und Abwasserzweckverbandes für das Jahr 1997 sehe den Anschluß der Gemeinde an das im Jahre 1995 errichtete und 5 km entfernte Klärwerk vor.

Aufgrund der Sachlage sei dem Innenministerium als Rechtsaufsichtsbehörde über den Wasser- und Abwasserzweckverband derzeit eine konkrete Bewertung der zu erwartenden Kosten und deren Auswirkung auf die Anschlußbeiträge und die Abwassergebühren nicht möglich. Die dazu notwendigen Untersuchungen verschiedener in Betracht kommender Abwasserbeseitigungskonzepte müsse vom Aufgabenträger, dem Wasser- und Abwasserzweckverband, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung vorgenommen und bewertet werden. Auf der Grundlage der dabei zu gewinnenden Erkenntnisse sei dann vom Aufgabenträger in eigener Verantwortung zu entscheiden, welche Lösung realisiert werden soll. Diese Aufgaben könne weder dem Wasser- und Abwasserzweckverband noch der Gemeinde durch die Rechtsaufsichtsbehörde abgenommen werden. Sowohl die Gemeinde als auch der Wasser- und Abwasserzweckverband erhielten im Rahmen des Entscheidungsprozesses Beratung und Unterstützung von den Rechtsaufsichtsbehörden. Die Landesregierung nutze alle Möglichkeiten, um Ihrerseits auf günstige Abwassergebühren hinzuwirken. Der Wasser- und Abwasserzweckverband gehöre zu den 13 abwasserbeseitigenden Körperschaften, die im Rahmen des Konzeptes der Landesregierung zur Unterstützung der abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaften regelmäßig beraten würden. Hierüber werde der Landtag laufend informiert.

Die Einführung einer Obergrenze für Wasser- bzw. Abwassergebühren sei für Mecklenburg-Vorpommern weder beabsichtigt, noch werde sie für eine taugliche Maßnahme gehalten. Sie liefe dem Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung zuwider. Bereits bei der Festlegung des Abwasserbeseitigungskonzeptes und des sich daraus ergebenden Investitionsprogrammes durch den Aufgabenträger müsse auf eine vertretbare Gebührenentwicklung geachtet werden.

Um die Verursacher für die Planung, Förderung und Errichtung von überteuerten Abwasseranlagen haftbar machen zu können, wäre ein entsprechendes Verschulden nachzuweisen.

Sollten tatsächlich Regreßansprüche bestehen, wären diese von den jeweiligen Aufgabenträgern der Abwasserbeseitigung geltend zu machen.

Der Landrat als untere Rechtsaufsichtsbehörde teilte mit, daß die Angelegenheit der Gemeinde die untere Rechtsaufsichtsbehörde bereits seit längerem beschäftige. Mit Mitteln des Landes sei eine große Kläranlage gebaut worden. Die dort vorgehaltene Kapazität setze den Anschluß verschiedener Kommunen - u.a. der Gemeinde der Petenten - voraus. Eine diesbezügliche verbindliche Festlegung oder Vereinbarung gebe es zur Zeit nicht. Die Gemeinde habe Fördermittel für den Ausbau einer Gemeindestraße beantragt. Diese seien nur unter der Voraussetzung gewährt worden, daß die Straße für die nächsten 12 Jahre nicht aufgenommen werde. Somit sei eine vorherige Verlegung des Schmutzwasserkanals erforderlich. Die Gemeindevertretung habe daher mit Beschluß das Amt beauftragt, die Aufnahme der Investitionsmaßnahme „Schmutzwasserkanal“ sowie die Erschließung des B-Planes in den Wirtschaftsplan 1997 des Wasser- und Abwasserzweckverbandes zu beantragen. Im Rahmen der Diskussion über das Abwasserbeseitigungskonzept insgesamt sei später das Planungsvorhaben Abwasserbeseitigung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes abgelehnt worden. Gegen diesen Beschluß habe der Bürgermeister Widerspruch eingelegt. Ein zweiter gleichlautender Beschluß sei durch den Bürgermeister beanstandet worden.

Begründet worden seien Widerspruch und Beanstandung gemäß § 33 Kommunalverfassung mit der Tatsache, daß die geplanten Fördermittel für den Straßenbau verloren gingen, wenn das Projekt Schmutzwasserkanal nicht zugleich durchgeführt werde. Bei der betreffenden Sitzung sei die Kommunalaufsicht des Landkreises vertreten gewesen. Es seien die rechtlichen Hintergründe für den Widerspruch und die Beanstandung des Bürgermeister erläutert worden und gleichzeitig sei darauf hingewiesen worden, daß gegen die Beanstandung ggf. Klage beim Verwaltungsgericht zulässig sei. Die Beanstandung sei allen Vertretern schriftlich übermittelt und der Rechtsaufsichtsbehörde angezeigt worden. Gerichtliche Verfahren seien diesbezüglich nicht anhängig. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Beanstandung habe das Vorhaben - wie ursprünglich geplant - in den Investitionsplan des Zweckverbandes aufgenommen werden können.

Die Gemeinde habe zwar den Austritt aus dem Zweckverband beschlossen und die Verbandsversammlung des Zweckverbandes habe diesem Austritt auch zugestimmt. Aufgrund der Beanstandung des Innenministeriums sei dieser Austritt bislang aber nicht rechtswirksam. Die Gemeinde habe auch noch keine Unterlagen vorgelegt, wie sie nach dem Austritt die Abwasserbeseitigung ebenso wie die Wasserversorgung in eigener Regie durchführen wolle.

Zwischenzeitlich habe eine ordentliche und öffentliche Gemeindevertretersitzung stattgefunden, in der die Gemeindevertretung u.a. über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens der Bürgerinitiative gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 Kommunalverfassung entschieden habe. Kritische Fragen zur Problematik der Abwasserentsorgung seien in der Bürgerfragestunde zu Beginn der Sitzung gestellt worden. Im Rahmen dieser Diskussion sei von Seiten des Zweckverbandes wie auch des Landkreises die Aussage bezüglich der Mitgliedschaft der Gemeinde im Zweckverband, der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sowie der wasserrechtlichen Anforderungen und den damit verbundenen Kosten einer eigenen Anlage erläutert worden. Der Zweckverband habe ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative angeboten, um die Fragen der Gebühren und Beitragsentwicklung bei unterschiedlichen technischen Lösungen zu besprechen. Dieses Gespräch habe inzwischen stattgefunden.

Im Hinblick auf die von den Bürgerinnen und Bürgern befürchtete Gebührenexplosion wurde darauf hingewiesen, daß für den gesamten Bereich des Wasser- und Abwasserzweckverbandes bislang noch ein Solidarpreis gelte. Dessen Aufhebung sei allerdings in der letzten Verbandsversammlung beschlossen worden. Dieser Beschluß sei jedoch nicht kurzfristig umsetzbar, da zunächst Berechnungen des Zweckverbandes erforderlich seien, wie sich die Aufhebung des Solidarprinzips in den einzelnen Mitgliedsgemeinden auswirken werde. Eine verbindliche Aussage zur weiteren Gebührenentwicklung sei damit nicht möglich.

Der Innenminister hat den Petenten in einem Schreiben mitgeteilt, daß er dazu beitragen werde, daß die verantwortlichen kommunalen Mandatsträger des Zweckverbandes in Abstimmung mit der Gemeinde und den Fachbehörden diese für die betroffenen Bürger wichtige Frage unter Abwägung aller Aspekte sachgerecht entscheiden werden. Der Petitionsausschuß hat zwischenzeitlich beschlossen, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen der Petenten nach Festlegung von Gebührenobergrenzen nicht entsprochen werden kann.



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